Präambel
Seit 1989 feiern die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Friedberg alle drei Jahre gemeinsam mit Gästen aus Nah und Fern das Altstadtfest „Friedberger Zeit“. Mit diesem prachtvollen Fest erinnern sie an die Blütezeit der einstigen Uhrmacherstadt von 1680 bis 1790. Um die Besonderheit des Festes zu wahren, ist die Historientreue sämtlicher Aktivitäten, Stände, Gewänder, Waren, Speisen und Werbemaßnahmen etc. unabdingbar. Handwerker und Künstler tragen zur Lebendigkeit des Festes bei, indem sie ihre Kunst nach historischen Vorbildern vorführen, Wirte bieten Getränke und Speisen der kurbayerischen Küche an, und Bäcker verkaufen Backwaren der damaligen Zeit.
Die Integration der Schulen und die Beschäftigung der Schülerinnen und Schüler mit der Friedberger Geschichte ist ein wesentliches Ziel des Festes. Auch soll die ehrenamtliche Teilnahme unterstützt werden.
Allgemeine Richtlinien zur Historientreue
1. Absprache
Sämtliche Aktivitäten, Standgestaltungen, angebotene Waren müssen der Historientreue entsprechen und mit der Stadtfestleitung und der historischen Beratung abgesprochen werden.
2. Redensarten
Der Gruß (wechselweiser Zuruf) lautet: „Habe die Ehre!“
Der Trinkspruch (wechselweiser Zuruf) lautet: „Auf die Gesundheit!“
3. Gewand
Das Gewand ist geprägt von der altbayerischen bürgerlichen Mode des 18. Jahrhunderts. Die Frauen tragen entweder Schoßjacken (Caracos oder Casaquins), gefältete Röcke (Kattune, Chintze oder Seidenjacquard in vielfältigen Musterungen), zur Kirche schwarze Schürzen (auch mit Brustlatz) oder Schnürmieder mit Silberkette und Stecker, Hemden (= Blusen) mit spitzenbesetzten Dreiviertelärmeln und Schürzen. Ärmelstutzen, Goller oder Halstuch oder Florschnallen können das Gewand ergänzen. Die Kopfbedeckung ist wesentlicher Bestandteil des Gewands. Alle Frauen und Mädchen tragen Haube mit Nackenschleife und Spitzenstrich, Mägde und Kinder tragen einfache Hauben oder Kranl (Jungfernkrönchen; für die Mädchen).
Auf Modeschmuck wird verzichtet. Gestattet sind Florschnallen für den Hals, silberne Erbsketten als Miederschnürung mit Anhängern, Gollerketten mit Gollerbollen, Miederstecker.
Die Männerkleidung besteht aus schwarzer knielanger Hose, weißen, schwarzen oder blauen Strümpfen, Schnallenschuhen, Weste, schwarzem Halsflor, dunklem knielangen Rock (=Mantel) mit Ärmelaufschlägen und Taschen. Münzknöpfe und eine Taschenuhr ergänzen das Gewand. Kopfbedeckungen sind elementarer Bestandteil des Gewandes. Männer tragen Schaufelhut oder Dreispitz, bzw. spezielle Kopfbedeckungen für die einzelnen Berufe.
Verkleidungen in den geistlichen Stand (Papst, Bischof, Mönch, Nonne etc.) sind nicht gestattet.
4. Beruflicher Stand/Warenangebot
Jeder Mitwirkende bleibt in seinem Berufsstand: Gastronomen unserer Zeit werden Wirte des 18. Jahrhunderts, heutige Bäcker werden historische Bäcker, Polizisten stellen die Cordonisten dar, Handwerker bleiben Handwerker, Geistliche sind Pfarrer etc. An den Ständen sollen Waren nach historischem Vorbild angeboten werden. Getränke und Speisen werden ausschließlich von Wirten und Bäckern verkauft.
5. Vereine
Die Vereine übernehmen ihrem Satzungsziel entsprechend adäquate Aufgaben (z.B. Mitglieder der Wasserwacht werden Bader, Historisches Fahrendes Volk ist für das Lagerleben zuständig, THW bildet die Stadtwache, der Turnverein stellt Gaukler etc.).
6. Darbietungen
Sämtliche musische Darbietungen, Tanz- und Theateraufführungen, Auftritte von Gauklern oder Artisten etc. sind mit der Stadtfestleitung abzusprechen und werden ausschließlich von dieser engagiert. Sie müssen sich an der Zeit des 18. Jahrhunderts orientieren. Livemusik ist der Vorzug zu geben.
Straßenmusiker benötigen ein Tanzmusikpatent. Die Engagements für sämtliche Darbietungen gehen von der Stadtfestleitung aus.
7. Hinweis
Für Gastronomen existiert ein Anhang zu Speisen und Getränken. Die Standgestaltung wird vertraglich geregelt.
Richtlinien für Gastronomen
Für Gastronomen gelten die „Allgemeinen Richtlinien“ sowie:
Speisen und Getränke
Wirte, Weinwirte, Metzger und Bäcker verkaufen Speisen, Backwaren und Getränke der damaligen Zeit. Die Speisen orientieren sich an der kurbayerischen Küche von 1680 bis ca. 1800 und an der regionalen Küche in der Stadt und im bayerischen Umkreis von Friedberg. Es ist nicht erwünscht, die Speisen mit Fantasienamen (z.B. Ratsherrentopf, Bürgerpfanne, Ranzenfüller, Eis Vivaldi usw.) zu bezeichnen. Für die damalige Zeit in Friedberg fremde Gerichte (z.B. Gyros) sind nicht gestattet. Werbeaufdrucke auf Gerätschaften etc. dürfen nicht sichtbar sein.
Mögliche Speisen:
Suppen:
Leberknödelsuppe
Bratknödelsuppe
Fleischknödelsuppe (=Speckknödelsuppe)
Pfannkuchensuppe
Leberspätzlesuppe
Riebelesuppe
>> Keine Gulaschsuppe
Gerichte:
Gesottenes Schweinefleisch mit Blaukraut
Surbraten mit Süßkraut
Voressen mit Semmelknödel
Tellerfleisch mit Meerrettich
Böfflamott (Boef à la Mode – gespicktes und mariniertes Rindfleisch)
Schweine-, Rinder- Ochsenbraten
Bauernbraten
Spießbraten (Fleisch, Geflügel)
Rinderrouladen
Breite Nudeln, Makkaroni mit Frikassee oder Ragout
Bratwürste
Stockwürste
Geschwollene
Schupfnudeln/ Bauchstecherln (aus Roggenmehl) mit Sauerkraut
Pasteten
Zwiebelkuchen
Speckkuchen
Für italienische Restaurants: z.B. italienische Nudeln oder Maccaroni mit Käsesauce und Parmesan, Breite Nudeln mit Schinkensauce, Schinken-Nudel-Auflauf
>> Keine Lasagne
Beilagen:
Semmelknödel
Süß-, Sauerkraut, Blaukraut
Kohlrabi-, Wirsinggemüse
Rüben, Bohnen, Erbsen
Kartoffelsalat, Röstkartoffeln, Kartoffelknödel (Zugeständnis, da im Friedberger Getreideland wohl erst im 19. Jahrhundert üblich)
>> Keine Brühwurst, Mischgemüse und Eintöpfe
Brotzeiten
Saure Knödel
Sülzen (Knöcherlsulz, Bratensulz)
Rettich
Roter und Weißer Presssack
Geräuchertes
Geräucherte Süßwasserfische
Leberkäs
Kalbskäs
Mariniertes Ochsenfleisch
Salat
Feldsalat, Kopfsalat, Gurken, Endiviensalat, Rannen- und Selleriesalat, Rettich Krautsalat
>> Keine Tomaten, Auberginen, Paprika
Backwaren, Mehl- und Süßspeisen
Semmeln
Fastenbrezen (aus weißem Mehl ohne Lauge – keine Laugenbrezeln)
Rahmflecken
Dampfnudeln
Rohrnudeln
ausgezogene Küchlein
Küchle (z.B. mit Kirschkompott)
Hefezopf
Guglhupf aus Hefeteig
Apfel-, Zwetschgen- und Topfendatschi
Baumkuchen
Kuchen, z.B. Linzer Torte
Schmalzgebackenes
Apfelküchle
Scheiterhaufen
Apfelstrudel
Honig- und Lebkuchen
Pfannkuchen/Eierkuchen
Geg. Kaiserschmarrn
Waffeln
Holler-, Birnen-, Zwetschgen-, Apfelkompott
Eis (ohne Früchte wie Banane oder Kiwi etc., die es im 18. Jh. in Friedberg nicht gab)
Sorbets (ohne Früchte wie Banane oder Kiwi etc., die es im 18. Jh. in Friedberg nicht gab)
Cassatae (ohne Früchte wie Banane oder Kiwi etc., die es im 18. Jh. in Friedberg nicht gab)
Für Zuckerbäcker
Bonbons/Karamell
Gelees
Mandeln
Marzipan
Lebkuchen
Gefärbtes Zuckerwerk
Kandierte heimische Früchte
>> Keine Kaugummis o.ä.
Getränke
Braunbier
dunkles, unfiltriertes Weizen
Wasser
Zitronenlimonade
Alkoholfreies Bier und Schorlen (Apfel- oder Weinschorle als Zugeständnis)
>> Keine Cola, Spezi, alkoholischen Mixgetränke wie etwa Bowlen, Spritz, Hugo o.ä.