Die Semmelspende
Informationen zur historischen Semmelspende.
In die Geschichte Friedbergs ist Herzog Georg der Reiche von Bayern-Landshut durch eine Spende eingegangen, die als die „Reiche Spende“ bekannt ist. Die Urkunde dazu wurde am 26. Januar 1495 in Landshut ausgestellt. Herzog Georg, dessen Hochzeit mit Hedwig von Polen in der „Landshuter Hochzeit“ gefeiert wird, hatte noch in weiteren 17 Städten seines Landes Almosenstiftungen ins Leben gerufen. Dem Herzog ging es vor allem um sein eigenes Seelenheil, denn in dieser vorreformatorischen Zeit wollte sich jeder, der es konnte, durch gute Werke, Almosen und den Kauf von Ablässen das ewige Leben sichern.
Aus den Erträgen von mehreren Höfen und Besitzungen, die dem Herzog gehörten, sollten jährlich 15 Rheinische Gulden für die Stiftung aufgewendet werden.
Der Rat der Stadt Friedberg sollte für 7 Gulden Lodentuch kaufen und zehn Röcke (=Mantelröcke) für bedürftige und gottesfürchtige Bürger machen lassen. Für die restlichen 8 Gulden sollte er Brot, halb Semmeln (Semmel=Brötchen aus weißem Weizenmehl) und halb Rockhen (Röckel oder Rockhen = Brötchen aus Weizenmehl mit einer Beimischung von Roggenmehl, etwas dunkler) kaufen und am Montag nach dem dritten Fastensonntag in die Kirche bringen lassen. Nach dem gesungenen Amt musste der Pfarrer von der Kanzel Ursache und Herkommen der Spende verkünden. Jeder Spendenempfänger sollte für das Seelenheil des Spenders zwei Vater unser, zwei Ave Maria und das Glaubensbekenntnis beten. Für die Kinder waren die Eltern verpflichtet zu beten. Anschließend wurde die Kirche bis auf eine Tür verschlossen und jedem Friedberger Bürger, der die Spende empfangen wollte, eine „Semmel“ oder ein „Röckel“ im Wert von 1 Pfennig gegeben.
Die herzoglichen Amtleute und der Rat der Stadt mussten dafür sorgen, dass an diesem Tag nicht Fremde „Hauffenweis in unser Statt Fridberg gelassen werden, sondern die Thor der Statt sollen derzeit, dieweill man solch Spendt austhailt, verspertt, und wohl bewahret werden“.
Diese Semmelspende Herzog Georgs des Reichen, die Jahrhunderte lang Friedberger Bürgern zugute kam, findet seit 2010 auf Anregung von Gabriele und Dr. Hubert Raab am 2. Festsonntag statt. An die Stelle des Herzogs, der die Semmeln spendete, treten die Friedberger Bäcker.
Alle Friedberger Bürger und Bürgerinnen und die Kinder können an diesem über 500 Jahre alten Brauch teilhaben.
Gabriele und Dr. Hubert Raab
historische Beraterin der Friedberger Zeit