Weber, Tuchhändler und Schneider

Weber, Tuchhändler und Schneider

Stoffe für das Friedberger Gewand

Seit der Mitte des 14. Jahrhunderts wurde über Venedig Baumwolle aus Indien und Ägypten eingeführt. Barchent, ein Mischgewebe aus Baumwolle auf Leinenkette, wurde zum Inbegriff Augsburger Wertarbeit. Er verdrängte allmählich Leinenstoffe. Auch Friedberg profitierte davon. Hier konnte man die Stoffe billiger herstellen. Deshalb erließ die Stadt Augsburg im Jahre 1411 ein Gesetz, das den Kauf auswärtiger Ware im Umkreis von drei Meilen verbot. Das Gesetz war indes wirkungslos. Über die Fugger, die im Verlagssystem Barchent verkauften, wurde Augsburg zur führenden Textilstadt, die Fugger zur wirtschaftlichen Weltmacht. Verlagssystem bedeutete, dass der „Verleger“ Webstühle und Rohstoffe lieferte, die Weber in Heimarbeit die Textilien anfertigten. Der Verleger vermarktete dann zentral die Ware. Nach einem Friedberger Ratsprotokoll gab es bald langjährige Lieferverträge mit Augsburg. In Friedberg waren um 1600 36 Barchentweber, 32 Leinenweber, mehrere Bandweber und einige Zeugweber tätig. Nach dem Dreißigjährigen Krieg lag die Weberei in Friedberg danieder, es können nur noch wenige Weber nachgewiesen werden. An ihre Stelle traten nun die Uhrmacher, die Friedberg bald zu Weltgeltung verhalfen. Der letzte Webstuhl in Friedberg stand noch in den fünfziger Jahren im Webergässchen, Haus-Nr. 2.

Friedberger Stoffe dienten also der Herstellung einfacherer Gewänder. Stoffe für die besseren Schichten wurden oft Händlern abgekauft. So berichtet eine Legende von der Entstehung der Kapelle Sankt Stephan bei Rehling, dass sich Ein österreichischer Reitersmann im Nebel in den Lechauen verirrte. In seiner Not betete der Reiter zum hl. Stephan und verlobte sich, ihm hier eine Kapelle zu erbauen, wenn er noch einmal glücklich aus dieser Auenwildnis hinausfände. Er ließ nun sein Pferd traben, wohin es wollte. Es soll ihn bald darauf bei Scherneck zu den Siedlungen der Menschen gebracht haben. Der Reitersmann hielt sein Versprechen und erbaute im Lechfeld eine Kapelle zu Ehren des hl. Stephanus. Eine Inschrift auf dem Votivbild lautet: Matheus Leitenmann von Wathoffen an der deua in unter-Österreich gebirdtig. 1676. Waidhofen an der Thaya war zu Ende des 17. Jahrhunderts ein Zentrum des Textilgewerbes und es ist wahrscheinlich, dass der Matheus Leitenmann als Hausierer mit Textilien unterwegs war.

Auch aus Norditalien zogen die welschen Händler über die Alpen. Besonders bekannt wurden die Walser, die als Hausierer und Wanderhändler im deutschsprachigen Raum von Haus zu Haus zogen und auch auf Märkten ihre Waren anboten, Kleiderstoffe, Wolle und Seide.

Es kann also als gesichert gelten, dass die Friedberger ihre einfachen Stoffe selbst herstellten, die besseren aber von Tuchhändlern erhielten.

In Friedberg sind 1789 neben 6 Webern 10 Schneider überliefert, die das Friedberger Gewand nähten. Ihren Dinzeltag hielten die Schneider an „fer. 2. p. Dom. Trinit.“ ab, das ist der Dienstag nach dem Pfingstsonntag, die Weber an „fer. 2 post fest. S. Udalr.“, das ist der Dienstag nach dem Festtag des hl. Ulrich.

Für das Friedberger Stadtfest sind sowohl einfachere als auch feinere Stoffe u. a. in der Friedberger Stoffstube,
im Laden PatchWork von Karin Weindl
und bei Jennissen Textil in Stätzling
zu erwerben mit Beratung, Zubehör und Schnitten. 







Gabriele und Dr. Hubert Raab, historische Berater des Altstadtfestes "Friedberger Zeit"